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Rede zur Ausstellungseröffnung der Künstlerin Eva-Maria Müller Donnerstag, den 04. Dezember 2008 Concordia-Haus Wuppertal -Barmen
Die Künstlerin kann heute Abend davon ausgehen, dass Sie alle an bildender Kunst interessiert sind, ja vielleicht sogar selbst malen, zumindest eine gute Portion an Neugier mitgebracht haben, um sich auf ein Wechselgespräch mit den hier ausgestellten Bildern einzulassen.
In einer Zeit, die uns täglich mit einer Flut von Informationen und Bildern überschwemmt, die im Internet eine unendliche Fülle an Bildern bereit hält, ist es wohltuend, in Ruhe Bilder zu betrachten, die sich nicht bewegen, die zwangsläufig eine Reduzierung der Wirklichkeit sind, die aus der Fülle der dreidimensionalen Erfahrungswelt herausführen in eine zeichenhafte Darstellungswelt.
Wir sind also eingeladen zur visuellen Kommunikation, wie das neudeutsch heisst. Während die Kommunikation heute als Wissenschaft gilt, ist die bildende Kunst nach wie vor keine Wissenschaft.
Eva-Maria Müller verwendet als Verständigungsmedium die Malerei. Sie hat somit ein begrenztes Repertoire an Zeichen zur Verfugung: Farben, Format, Linien und die flächige Leinwand.
Neben dem Phänomen der bildenden Kunst gibt es auch visuell Wahrnehmbares, das im Alltagsleben nicht für Kunst gehalten wird. Erst die Gestaltung durch den Künstler erhebt - unter bestimmten Voraussetzungen- eine Ansammlung von ,,Zeichen" zum Kunstwerk.

Nun treffen heute Abend zwei Partner aufeinander: Die Künstlerin mit ihren Bildern und Sie, die Betrachter. Ob die Kommunikation zwischen Ihnen gelingt, ob Sie ins Gespräch kommen mit den Bildern, ob Gefühle, Gedanken, Fragen, Sehnsüchte etc. bei Ihnen ausgelöst werden, hängt von vielen individuellen Befindlichkeiten ab. Jede Kommunikation, die gelingt, ist ein kleines beglückendes Wunder
Das bedeutet aber auch, dass Sie etwas anderes mit einem Bild kommunizieren können, als die Künstlerin beabsichtigt oder veranlasst hat, das Bild zu malen.
Alle Bilder weisen über sich hinaus. Sie sind Stellvertreter von Dingen und Zusammenhängen, die wir kennen. Sie sind aber nicht die Wirklichkeit selbst, sondern stoßen eigene Erfahrungen und Erlebnisse bei uns an. Das könnte dann ein spannender Prozess werden, denn Bilder sind in ihrer Reduzierung zwar weniger als die Wirklichkeit, sie können und wollen aber im Betrachter eine neue Wirklichkeit erzeugen.

Hier könnte nun die Frage nach dem Ziel, der Botschaft, dem Programm der Künstlerin gestellt werden. Eva-Maria Müller will keine Botschaft verkünden, sie malt, um selbst Erkenntnisse zu gewinnen und Erfahrungen, Gefühle, Sehnsüchte sichtbar zu machen. Damit das gelingt, muss sie sie aus- und umformen, ihnen eine eigene Struktur geben, eine Zeichensprache entwickeln.
Wer ist die Künstlerin Eva-Maria Müller?
Geboren 1942 in Solingen als Tochter des über das Bergische Land hinaus gekannten Künstlers Willy Theissen kam sie früh mit Malerei, Literatur, Schauspiel und Musik in Berührung.
Eva-Maria Müller ist Autodidaktin, somit ist sie niemandem verpflichtet und strebt keine bestimmte Stilrichtung an, obwohl man den Einfluss der Impressionisten nicht übersehen kann.
Sie malt nicht für den Kopf, ihre Bilder sprechen weniger den Intellekt als vielmehr die Emotionen an.
Erstaunlich ist, dass Frau Muller erst sehr spät zur Malerei fand. Sie hat sich intensiv mit der Musik beschäftigt und erst nach der Pensionierung ihre eigentiche Berufung entdeckt.
Ihre Bilder sprechen eine leise Sprache, schon das kleine Format will uns nahe heran locken und zur intimen Zwiesprache einladen. Ihre Bilder sind Zeichen einer Verletzbarkeit und Sehnsucht, die zum Nacherleben einladen, nicht zur Entschlüsselung einer Nachricht. Diese Bilder folgen keinen Bedingungen und Regeln, sondern sie schaffen neue, eigene Bewegungen.

Die Künstlerin bietet uns in der ihr eigenen Zeichensprache Gefühle und Erkenntnisse an, die jeder von uns passend machen und auf seine Art deuten kann. Dieses ,,passend Machen" ist die Wirkung einer Bildsprache, die jeder Kunstler auf seine ihm eigene Weise benutzt.
In dieser eingeschränkten Gangart, in dieser Beschränkung der Mittel entsteht eine Vortrefflichkeit, die das Paradigma der Kunst ist.
Lassen Sie mich schließen mit einem Zitat von Muriel Barbery:
,,Das Unbewusste ist die augenfälligste Kraft unseres bewussten Willens.“
Eberhard Kreye
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